BFH urteilt zur Rentensteuer ­– Umsetzung in der Mandatsbetreuung

Der BFH hat sein Urteil zur Rentensteuer gesprochen. In den steuerberatenden Berufen wird die Thematik vorerst nicht einfacher zu handhaben.

Die Entscheidung

In dem interessanteren der beiden BFH-Fälle, dort betitelt mit „Doppelte Besteuerung von Renten I“, kamen die obersten Steuerrecht zu dem Schluss, dass (noch) keine doppelte Besteuerung vorlag. In der Folge konnte kein Verfassungsverstoß festgestellt werden; die Klageabweisung wurde bestätigt.

Kurios ist, dass der BFH alle Beteiligten umfangreich überstimmt hat. Die Klägerargumente wurden vollständig zurückgewiesen, der BMF-Vortrag weitgehend und auch die Vorinstanz wurde in der Berechnung teilweise korrigiert. Die vom BFH aufgestellte Berechnungsvorgabe lautet nun:

Doppelbesteuerung = steuerfreie Rente < Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen

Die steuerfreie Rente ergibt sich aus dem nach § 22 EStG freigestellten Anteil der Rente ohne weitere Berechnungsgrößen (Grundfreibetrag, Sozialversicherung, Werbungskostenpauschbetrag, etc.), jedoch „verlängert“ um mögliche Ansprüche auf Hinterbliebenenrente (z.B. vom früher versterbenden Ehepartner), insgesamt multipliziert mit dem Auszahlungszeitraum nach Sterbetafel. Zur Bestimmung der Rentenbeiträge aus versteuerten Einkommen werden die Einzahlungen in die Rentenversicherung berücksichtigt, abzüglich der Beiträge, für die ein Sonderausgabenabzug geltend gemacht werden konnte. Ebenso werden steuerfreie Arbeitgeberbeiträge abgezogen.

Beispiel (vereinfacht): Der ledige Steuerpflichtige Schmidt geht zum 1.1.2005 in Rente. Er bezieht eine Bruttorente von 1.200 Euro monatlich, davon 50 % steuerfrei. Seine Lebenserwartung lag damals bei 20 Jahren. Während seines Erwerbslebens hat er 115.000 Euro an Rentenbeiträge ohne Steuervorteil eingezahlt.
Eine Doppelbesteuerung liegt nach der BFH-Methodik nicht vor. Die erwartete steuerfreie Rente beläuft sich auf 600 Euro x 12 Monate x 20 Jahre = 144.000 Euro und übersteigt damit die Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen.

Ist der Hype jetzt vorbei?

Weit über 100.000 Rentner hatten Einspruch gegen die Rentensteuer erhoben. Die allermeisten von ihnen dürften nunmehr keine Aussicht auf Erfolg haben. Denn nach der BFH-Methodik liegt bislang in der Regel keine Doppelbesteuerung vor. Insbesondere greift die von Schindler und Braun vorgestellte Berechnungsformel nicht, weil sie den Sonderausgabenabzug von Rentenbeiträgen vor 2005 nicht berücksichtigt.

Bislang fehlen zudem Musterberechnungen zur Höhe möglicher Doppelbesteuerungen. Wer beispielsweise 10.000 Euro mehr Beiträge aus versteuertem Einkommen geleistet hat, als er steuerfreie Rente bezieht, reduziert sein zu versteuerndes Einkommen bei einer Lebenserwartung nach Renteneintritt von 20 Jahren um 500 Euro pro Jahr. Greift ein Differenzsteuersatz von 25 % beläuft sich die Doppelbesteuerung auf 125 Euro jährlich. Im Ergebnis geht es also in der Diskussion wohl tendenziell um kleine Teilbeträge der Gesamtsteuerbelastung.

Weiteres Vorgehen

Einsprüche gegen die Rentensteuer bleiben weiterhin möglich, obgleich Kollegen berichten, dass sich schon vor dem Urteil viele Finanzämter quer gestellt haben. Das Problem ist, dass die betroffenen Rentner eine Doppelbesteuerung zunächst mal plausibel darlegen müssen. Erst dann ist das Finanzamt selbst in die Ermittlung gezwungen. Das ist vor allem mit Blick auf den hinteren Teil der Besteuerungsformel schwierig. Eine Verfahrensruhe dürfte aktuell kaum umzusetzen sein. Selbst wenn die BFH-Kläger den Weg nach Karlsruhe gehen, hat der X. Senat ein seiner stringenten Argumentation wenig verfassungsrechtliche Angriffsfläche geboten.

Die größten Erfolgsaussichten dürften aktuell bestehen, wenn man Fälle in der Risikogruppe einer genaueren Berechnungsanalyse unterzieht. Der BFH hat diese Risikogruppe klar umrissen:

  • Männlich,
  • Single,
  • Früher selbstständig erwerbstätig,
  • Renteneintritt kürzlich (nach 2014?).

Abschließend bleibt die Hoffnung, dass der Gesetzgeber die Methodik für die Rentensteuer nochmal nachschärft. Das Jahressteuergesetz 2021 wird – bei optimistischer Betrachtung – die erste Gelegenheit bieten.

Weitere Informationen zur Rentensteuer:

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