Online-Nachricht - Donnerstag, 02.02.2023
Gewerbesteuer | Auch im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 5 GewStG kein Abzug vorweggenommener Betriebsausgaben (BFH)
Die Annahme eines Gewerbebetriebs im gewerbesteuerrechtlichen Sinne setzt das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG voraus; insbesondere die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Vorab (vor Betriebseröffnung) entstandene Betriebsausgaben sind daher gewerbesteuerrechtlich unbeachtlich. Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch im Fall eines (von § 2 Abs. 5 GewStG erfassten) Betriebsübergangs im Ganzen (BFH, Urteil v. 30.8.2022 - X R 17/21; veröffentlicht am 2.2.2023).
Sachverhalt: Streitig ist, ob vor Eröffnung von Betriebsräumen angefallene Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags abgezogen werden können oder ob es sich hierbei um gewerbesteuerrechtlich unbeachtliche Kosten für Vorbereitungshandlungen handelt: Der Kläger pachtete ab dem 01.12.2017 einen Imbissbetrieb einschließlich Inventar von der bisherigen Betreiberin an, die zugleich Eigentümerin des betrieblich genutzten Grundstücks ist. Im Dezember 2017 renovierte er die angepachteten Räume; in dieser Zeit blieb der Imbiss geschlossen. Im Januar 2018 eröffnete er den Imbissbetrieb für Gäste. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
In seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr 2017 wies der Kläger ein Ergebnis von ./. 15.531,62 € aus (vorab entstandene Betriebsausgaben). Davon entfielen auf den Monat Dezember 2017 ./. 8.489,89 €. In seiner Gewerbesteuererklärung gab der Kläger einen Gewerbeertrag von ./. 15.532 € an. Das FA berücksichtigte die vorweggenommenen Betriebsausgaben beim Gewerbeertrag nicht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 29.7.2021 - 3 K 1383/20).
Die Richter des BFH gaben der Revision des FA statt und wiesen die Klage ab:
- Die Annahme eines Gewerbebetriebs im gewerbesteuerrechtlichen Sinne setzt das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG voraus.
- Zu den Tatbestandsmerkmalen des § 15 Abs. 2 EStG gehört auch die (aktuelle) Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.
- Einnahmen und Ausgaben (bei der im Streitfall einschlägigen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG) bzw. Aufwendungen und Erträge (bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich), die vor dem Zeitpunkt anfallen, zu dem erstmals sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt werden (insbesondere vor Beginn der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr), sind daher gewerbesteuerrechtlich bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften (u.a. für Kapitalgesellschaften, die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts sowie die Unternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts gelten aufgrund der Sonderregelungen in § 2 Abs. 2, 3 GewStG und § 2 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung abweichende Grundsätze) nicht zu berücksichtigen, weil es insoweit noch an einem tauglichen Steuergegenstand fehlt.
- Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch im Fall eines (von § 2 Abs. 5 GewStG erfassten) Betriebsübergangs im Ganzen. Aus der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik der Vorschrift ergibt sich, dass § 2 Abs. 5 GewStG die allgemeinen Grundsätze über den Zeitpunkt des Entstehens eines gewerbesteuerrechtlichen Steuergegenstands nicht verdrängen will.
- Die Gewährleistungen der EUGrdRCh gelten nach ihrem Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei Durchführung des Rechts der Union, nicht aber bei der Durchführung von nicht harmonisierten Teilen des nationalen Rechts.
Quelle: BFH, Urteil v. 30.8.2022 - X R 17/21; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforderlich).