Online-Nachricht - Donnerstag, 02.02.2023

Einkommensteuer | Zur Verlust­verrechnungs­beschränkung nach § 15 Abs. 4 EStG (BFH)

Pferde, die in einem Pensions­betrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt. § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG kann Vorrang gegenüber einer organ­schaftlich eigen­ständigen Einkommens­zurechnung zukommen. Der Zuordnung von Tieren zum Tierzweig "übriges Nutzvieh" steht nicht entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren (BFH, Urteil v. 13.9.2022 - XI R 33/20; veröffent­licht am 2.2.2023).

Hintergrund: Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG dürfen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung weder mit anderen Einkünften aus Gewerbe­betrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Auch der Verlustabzug nach § 10d EStG ist nur bezogen auf Gewinne aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung möglich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 EStG).

Sachverhalt: Streitig ist, ob Verluste, die bei einer Organ­gesellschaft der Klägerin im Streitjahr 2013 entstanden sind, dem Verlust­ausgleichs­verbot des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG unterliegen:

Die Klägerin ist eine GmbH. Die B GmbH hält 94,99 % und die I GmbH & Co. KG 5,01 % der Anteile.

An der B GmbH ist Z mit 100 % beteiligt; an der I GmbH & Co. KG hält Z 100 % der Kommandit­anteile. Zudem ist Z alleiniger Kommanditist der R GmbH & Co. KG.

Seit ihrer Gründung ist die Klägerin zu 100 % an der P GmbH beteiligt. Durch einen Gewinn­abführungs­vertrag ist die Klägerin körper­schaft­steuer­rechtliche Organträgerin für die P GmbH als Organgesellschaft.

Die Klägerin hält zudem 100 % der Anteile an der M GmbH.

Die Klägerin erwarb nach der Wiedervereinigung Flächen und Gebäude des Gutes X sowie in dessen Nähe weitere Flächen und Gebäude. Hier baute die P GmbH einen Betrieb zur Zucht und Ausbildung von Reitpferden auf. Die hierfür genutzten Flächen und Gebäude pachtete die P GmbH von der I GmbH & Co. KG sowie von der Klägerin.

Die Klägerin verpachtete darüber hinaus Flächen an die M GmbH sowie einen Teil der Stallungen und landwirtschaftlichen Flächen des Gutes X an die R GmbH & Co. KG.

Mit der M GmbH sowie mit der R GmbH & Co. KG schloss die P GmbH Verträge über die Pensions­pferdehaltung. Die M GmbH und die R GmbH & Co. KG verfügten über eigenes Personal für die Grundversorgung der Pferde. Darüber hinaus nahmen die Gesellschaften keine Aufgaben wahr.

Die P GmbH stellte für ihre Pachtflächen Anträge auf Agrarförderung. Bei der Ermittlung der maßgeblichen Vieheinheiten­grenzen erfasste die P GmbH alle Tiere, die sie auf gepachteten Flächen und in gepachteten Ställen untergebracht hatte, ließ aber die Tiere, die sie in Pension gegeben hatte, unberücksichtigt. Nach der Berechnung der P GmbH überschritten die ermittelten Vieheinheiten (bis auf das Streitjahr) die Höchstgrenzen nicht.

Auch die M GmbH und die R GmbH & Co. KG stellten für die von der Klägerin gepachteten Flächen jeweils jährlich eigene Anträge auf Agrarförderung. Die Gesellschaften berücksichtigten u.a. die Tiere, die sie jeweils von der P GmbH in Pension genommen hatten. Die auf dieser Grundlage ermittelten Vieheinheiten überschritten im Streitjahr nicht die Höchstgrenzen.

Das FA vertrat die Auffassung, dass alle im Eigentum der P GmbH befindlichen Pferde bei der Ermittlung der zuzu­rechnenden Vieheinheiten bei ihr mitzuzählen seien, somit auch die in Pension gegebenen Pferde. Demzufolge sah das FA die Einkünfte der P GmbH als Einkünfte aus gewerblicher Tierhaltung an.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die Beschränkungen des § 15 Abs. 4 EStG greifen ein, wenn eine an sich landwirt­schaftliche Betätigung darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende landwirt­schaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten.
  • Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt. Wem Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, im Rahmen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, hängt nach der neueren Rechtsprechung des VI. Senats des BFH davon ab, wer das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt (vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2022, 417, Rz 23; Gossert in Korn, § 13 EStG Rz 182; KKB/Geserich, 7. Aufl., § 13 Rz 247).
  • Die Pferde, die die P GmbH in Pension gegeben hat, sind ihr im Rahmen der Ermittlung der Vieheinheiten i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als Eigentümerin der Pferde zuzurechnen.
  • Die Vorinstanz hat dazu festgestellt, dass die M GmbH und die R GmbH & Co. KG zwar die Grundversorgung der Pferde übernommen hatten, indem sie sie unterbrachten, mit Einstreu und Heu versorgten, fütterten und tränkten sowie ihre Gesundheit überwachten. Unter Gesamt­würdigung aller Umstände seien die Pferde trotzdem der P GmbH zuzurechnen, da diese die Nutzungen und Kosten im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Pferdezucht und der Veräußerung der Tiere getragen habe.
  • Das Heu und das Futter habe die P GmbH finanziert. Die Kosten für die Hufpflege und die tierärztliche Versorgung sowie die Versicherung der Tiere habe die P GmbH ebenfalls übernommen. Die M GmbH und die R GmbH & Co. KG hätten nicht für Schäden an den Pferden gehaftet. Alle Entscheidungen hinsichtlich Besamung, Zucht, Ausbildung und Bereiten habe die P GmbH getroffen. Der M GmbH und der R GmbH & Co. KG habe lediglich die Hege und Pflege der Pferde ohne wirtschaftliches Risiko und Kostentragung oblegen. Diese Feststellungen der Vorinstanz verstoßen nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und binden daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).
  • Folge der im Streitfall bestehenden Besonderheiten, die ein Abweichen von dem vom IV. Senat des BFH beschriebenen Regelfall rechtfertigen, ist aber, dass der Frage nachzugehen ist, ob die von der Klägerin an die M GmbH und an die R GmbH & Co. KG verpachteten Flächen für die Ermittlung der Vieheinheiten­grenzen der P GmbH zuzurechnen sind. Die hierfür erforderliche Beurteilung, für die weitere Tatsachen­feststellungen zu treffen sind, kann im Revisions­verfahren nicht nachgeholt werden.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 13.9.2022 - XI R 33/20; NWB Datenbank (il)

 
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