EU-Staaten verständigen sich auf EU-Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit

Am 13.3.2024 haben sich die EU-Staaten mehrheitlich vorläufig auf eine EU-Verordnung zum europaweiten Vertriebsverbot von Produkten aus Zwangsarbeit verständigt. Was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft?

Hintergrund

Die Beachtung des Zwangsarbeitsverbots entspricht einem verantwortungsvollen Unternehmertum und dem Leitbild eines ehrbaren Kaufmanns. Deshalb sollen Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt werden, ausweislich eines von der EU-Kommission am 14.9.2022 veröffentlichten Verordnungsentwurfes auf dem EU-Markt verboten werden. Im Konsultationsverfahren haben deutsche Wirtschaftsverbände zahlreiche Verbesserungsvorschläge eingebracht, denen zum Teil entsprochen wurde.

Inhalt der vorläufigen Einigung auf eine EU-Verordnung

Die Verordnung, auf die sich die Botschafter im EU-Ministerrat am 13.3.2024 vorläufig geeinigt haben, sieht im Kern ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt der Mitgliedstaaten vor. Weiterlesen

Wohn-Riester: Wenn der Erbe mit dem Altersvorsorgekapital ein Darlehen tilgen will

Das „klassische Riester“ ist meines Erachtens schon kompliziert genug ist, doch das „Wohn-Riester“ setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Die Nachversteuerungstatbestände und die Voraussetzungen einer zulässigen wohnungswirtschaftlichen Verwendung des Altersvorsorgekapitals sind extrem schwierig zu verstehen. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass es darüber immer wieder zum Streit mit der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen kommt. Beispielsweise darf das Kapital zwar zur Tilgung eines Darlehens genutzt werden, das für die Anschaffung oder Herstellung des Eigenheims aufgenommen wurde (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Doch ob dies auch zulässig ist, wenn die Tilgung lediglich durch den Erben einer Eigentumswohnung erfolgt, ist noch ungeklärt. Immerhin hat das FG Berlin-Brandenburg kürzlich entschieden, dass in der Tilgung eines Darlehens, das im Wege der Erbfolge gemeinsam mit einer selbstgenutzten Wohnung übernommen wurde, eine wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu sehen sein kann. Folglich ist die Auszahlung des begünstigten Altersvorsorgevermögens (Altersvorsorge-Eigenheimbetrag) zu gewähren (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.12.2023, 15 K 15045/23). Weiterlesen

Bundesrat stoppt Onlinezugangs-Änderungsgesetz

Der Bundesrat hat am 22.3.2024 das Onlinezugangs-Änderungsgesetz (OZGÄndG) gestoppt, ohne selbst den Vermittlungsausschuss (Art. 77 GG) anzurufen. Was passiert jetzt?

Hintergrund

Das ambitionierte Ziel, mit dem OZG bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch online anzubieten, konnte nicht oder nicht vollständig erreicht werden: Wegen komplexer föderaler Strukturen, unterschiedlicher Digitalisierungsstände und einer heterogenen IT-Landschaft. Laut Dashboard zur OZG-Umsetzung waren bis August 2023 nur 127 der 575 vorgesehenen OZG-Leistungen bundesweit flächendeckend verfügbar (dashboard.ozg-umsetzung.de). Deshalb hat die Bundesregierung am 24.5.2023 einen Gesetzentwurf vorgelegt, um notwendige Anpassungen am OZG vorzunehmen, das OZGÄndG, umgangssprachlich auch als OZG 2.0 bezeichnet. Der Bundestag hat das OZGÄndG am 24.2.2024 mit Regierungsmehrheit beschlossen.

Ziel des Gesetzes ist es, behördliche Verwaltungsleistungen auch digital über Verwaltungsportale anzubieten. Es schafft Strukturen für eine verbesserte Zusammenarbeit von Bund und Ländern und soll eine einfache, moderne und digitale Verfahrensabwicklung im übergreifenden Portalverbund ermöglichen. Grundlage für die Kommunikation mit der Verwaltung ist die BundID – ein zentrales digitales Bürgerkonto- in Verbindung mit der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises (eID) zur Identifikation. Außerdem soll ein schriftformersetzendes qualifiziertes elektronisches Siegel und eine Regelung zu Digital-Only für Unternehmensleistungen eingeführt werden.

Bundesrat sagt nein zum OZGÄndG

Am 22.3.2024 hat der Bundesrat nun seine Zustimmung zum OZGÄndG verweigert. Weiterlesen

Bundesrat stimmt zu – Haushaltsfinanzierung 2024 rechtlich gesichert!

Am 22.3.2024 hat der Bundesrat dem Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 zugestimmt. Damit steht der Bundeshaushalt für das laufende Jahr wenigstens rechtlich auf gesichertem Fundament.

Hintergrund

Wir erinnern uns: Nach dem Urteil des BVerfG vom 15.11.2023 (2 BvF 1/22), mit dem das Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt wurde und ein 60 Mrd.-Euro-Loch in den Bundeshaushalt riss – ich habe im Blog berichtet – wurden der Nachtragshaushalt 2023 verspätet verabschiedet und hat den Bund in erhebliche Finanzierungsnöte versetzt. Der Bundeshaushalt 2024 war im September 2023 auf den parlamentarischen Weg gebracht worden. Allerdings wurde die Beschlussfassung über den Haushaltsplan für das Jahr 2024 dann ins neue Jahr 2024 vertagt; seitdem waren nur Notausgaben in 2024 zulässig, für die eine rechtliche Verpflichtung begründet wurde (Art. 111 Abs. 1 GG).

Im Januar 2024 hatten die Koalitionsfraktionen den Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes (BT-Drs. 20/9999) vorgelegt. Der Entwurf enthielt Regelungen, um geplante Sparmaßnahmen beziehungsweise Steuererhöhungen umzusetzen. Die notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 sollen insbesondere durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen und die Absenkung der Ausgaben in einzelnen Ressorts, die bessere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt und die Reduzierung von Bundeszuschüssen erreicht werden.

Gegenstand des vorliegenden Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 sind deshalb Änderungen bei der Luftverkehrsteuer, Änderungen im WindSeeG sowie Änderungen in den Bereichen des SGB II, des SGB III und des SGB VI. Darüber hinaus ist das schrittweise Auslaufen der Steuervergünstigung nach § 57 des Energiesteuergesetzes.

Bundesrat stimmt zu – Anrufung des Vermittlungsausschusses gescheitert

Der Bundesrat hat nun am 22.3.2024 dem Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetz mehrheitlich zugestimmt, das Gesetz lässt sich mit der Formel zusammenfassen „höhere Steuern, weniger Subventionen“. Das Zustimmungsgesetz enthält folgende Schwerpunkte: Weiterlesen

Energiepreispauschale: Steuererklärung statt arbeitsrechtlicher Streit

Zuletzt haben sich mehrere Gerichte mit der Frage befasst, was Arbeitnehmer eigentlich tun müssen, wenn ihnen ihr Arbeitgeber – aus welchen Gründen auch immer – die Auszahlung der Energiepreispauschale im Jahre 2022 (EPP I) verweigert hat.

Unter anderem hatte das Arbeitsgericht Lübeck entschieden: Wer sich mit seinem Arbeitgeber über die Auszahlung der Energiepreispauschale streitet, muss dies vor dem Finanzgericht tun (Beschluss vom 1.12.2022, 1 Ca 1849/22). Und auch das FG Münster hatte in dieser Richtung entschieden: Für Klagen betreffend die für 2022 auszuzahlende Energiepreispauschale sind die Finanzgerichte zuständig (Beschluss vom 5.9.2023, 11 K 1588/23 Kg).

Nun war der BFH an der Reihe. Weiterlesen

Bundesrat stimmt Wachstumschancengesetz zu – Besser wenig als nichts!

Am 22.3.2024 hat der Bundesrat auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses dem Wachstumschancengesetz zugestimmt, das jetzt in Kraft treten kann.

Hintergrund

Das WachstumschancenG war am 17. 11.2023 vom Bundestag beschlossen worden. Es hat zum Ziel, mit steuerlichen Investitionsanreizen die Wettbewerbsfähigkeit den Standorts Deutschland zu stärken. Ferner sollte das Gesetz einen spürbaren Beitrag zum (steuerlichen) Bürokratieabbau leisten. Nachdem der Bundesrat am 24.11.2023 den Vermittlungsausschuss angerufen hat, hat der Vermittlungsausschuss mit der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition einen „unechten“ Kompromiss vorgeschlagen. Der Kompromiss des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 20/10411) vom 21.2.2024, dem der Bundestag am 23.2.2024 zugestimmt hat, umfasst zahlreiche Änderungen am Gesetz, unter anderem Weiterlesen

Vorsteuerabzug aus Heizungsanlage? Nette Idee, aber vom BFH verworfen

Tauchen die drei Worte „Erneuerung einer Heizungsanlage“ auf, denkt man wohl sofort an hohe Kosten. Nun gut, der eine oder andere denkt vielleicht auch zuerst an Robert Habeck. Von dem soll hier aber nicht die Rede sein, sondern vom BFH. Dieser hat nämlich in einem aktuellen Urteil einem Vermieter von Wohnraum den Vorsteuerabzug aus ebenjener Heizungserneuerung versagt (BFH-Urteil vom 7.12.2023, V R 15/21). Man mag der Meinung sein, dass dies angesichts einer umsatzsteuerfreien Wohnungsvermietung doch klar war.

Doch wer das Urteil der Vorinstanz und ein Urteil des EuGH liest, wird zu dem Schluss kommen, dass durchaus gute Gründe für die Gewährung des Vorsteuerabzugs bestanden hatten (FG Münster, Urteil vom 6.4.2021, 5 K 3866/18 U; EuGH, Urteil vom 16.4.2015, C-42/14). Aber der Reihe nach. Weiterlesen

BAG: Entgeltfortzahlungsanspruch während Corona auch bei bloßer behördlicher Absonderungsanordnung

In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG zum Entgeltfortzahlungsanspruch bei einer Corona-Infektion und behördlicher Absonderungsanordnung entschieden (BAG v. 20.3.2024 – 5 AZR 234/23).

Worum ging es im Streitfall?

Ein Produktionsmitarbeiter in einem Industrieunternehmen (Kläger) hatte sich keiner Schutzimpfung gegen das Coronavirus unterzogen und wurde am 26.12.2021 positiv auf das Virus getestet. Für die Zeit vom 27. bis zum 31.12.2021 wurde dem unter Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen leidenden Kläger eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Für diese Zeit leistete die Beklagte Entgeltfortzahlung.

Am 29.12.2021 erließ die Gemeinde eine infektionsschutzrechtliche Verfügung, nach der für den Kläger bis zum 12.1.2022 Quarantäne in häuslicher Umgebung angeordnet wurde. Für die Zeit vom 3. bis zum 12.1.2022 lehnte der Arzt die Ausstellung einer Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Begründung ab, das positive Testergebnis und die Absonderungsanordnung würden zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreichen.

Mit der Verdienstabrechnung für Januar 2022 nahm die Beklagte für diese Zeit vom Lohn des Klägers einen Abzug in Höhe von ca. 1.000 Euro brutto vor. Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung dieses Betrags verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht (LAG Hamm vom 24.8.2023 – 15 Sa 1033/22) hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Das hat das BAG jetzt bestätigt. Weiterlesen

Aufreger des Monats März 2024 – Prozesskosten um nachehelichen Unterhalt doch nicht abziehbar

Nach der aktuellen Gesetzeslage sind Kosten eines Rechtsstreits (Prozesskosten) nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Unter dem Begriff der Existenzgrundlage i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen (BFH 13.8.2020, VI R 15/18).

Was aber gilt, wenn die Prozesskosten mit steuerpflichtigen Einkünften im Zusammenhang stehen? Dann sind sie als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar – eigentlich. Denn wie der BFH nun entschieden hat, sind Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltsempfänger seine Zustimmung zum so genannten Realsplittung erteilt hat, die Zahlungen also nach § 22 Nr. 1 a EStG versteuert (BFH-Urteil vom 18.10.2023, X R 7/20). Weiterlesen

Mieterhöhung bei behinderungsgerechtem Umbau als außergewöhnliche Belastung? Ja, aber ….

Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des Eigenheims sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abziehbar. Es mag vielleicht nicht allzu oft vorkommen, doch es kann auch sein, dass sich ein Vermieter bereiterklärt, eine Wohnung für einen seiner Mieter behindertengerecht zu gestalten. Das wird insbesondere bei einem Näheverhältnis zwischen Vermieter und Mieter der Fall sein. Bei dem Umbau können durchaus hohe Kosten entstehen, die der Vermieter dann ratierlich über die Miete auf seinen Mieter umlegt.

Das FG München hat entschieden, dass in diesem Fall der Mieter die Erhöhung der jährlichen Miete als außergewöhnliche Belastung abziehen darf (FG München, Urteil vom 27.10.2022, 10 K 3292/18). Doch wie die abziehbare Mieterhöhung konkret berechnet wird, ist noch streitig – der BFH wird dazu in der Revision Stellung nehmen müssen (Az. VI R 15/23). Weiterlesen